Purim 2024
14. Adar
Geburtstag des Imam Ali | Palmsonntag
Im Judentum ist es in der Regel unschick „schicker“ zu sein. Außer zu Purim: Da ist es ein Gebot!
„Schicker“ zu sein bedeutet auf Jiddisch betrunken zu sein, ein grundsätzlich für Jüdinnen und Juden wenig erstrebenswerter Zustand. Im Talmud findet sich aber eine Passage, die es zur Mitzwa (Jiddisch: „Mitzwe“, Gebot) erhebt an Purim zu trinken bis man den „verfluchten“ Haman nicht mehr vom „gesegneten Mordechai“ unterscheiden kann. Das ist nicht einfach, denn unterschiedlicher könnten die Beiden nicht sein.
Verbunden werden sie durch eine aus dem 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung überlieferte Sage, benannt nach der Protagonistin; die Megillat Esther (Schriftrolle Esther). Die Geschichte spielt im alten Persien, und handelt von einem vereitelten Plan das jüdische Volk an einem einzigen Tag auszurotten.
Zu dieser Zeit lebten alle Jüdinnen und Juden in einem weiten Perserreich, regiert von König Achaschwerosch. Als dessen Gattin, Waschti, in Ungnade fiel, ließ er mit einem landesweiten Wettbewerb nach einer neuen Königin suchen, und wählte die bezaubernde Esther. Im Umfeld des Königs bewegten sich auch weniger tugendhafte Gestalten, allen voran Haman, ein Amalekiter, zerfressen von grundlosem Hass auf das jüdische Volk. Als oberster Berater des Königs, erzählte er von einem Mordechai, Repräsentant der jüdischen Gemeinde im Reich, welcher sich weigerte vor Haman zu knien. Haman nahm dies als Vorwand die Jüdinnen und Juden als Bedrohung für den König zu inszenieren, und überzeugte ihn zu einem Erlass: Der Auslöschung aller JüdInnen am 13. Adar. Als Esther von dem Vorhaben erfuhr, teilte sie dem König mit, dass sie selbst Jüdin, Mordechai ihr Onkel, und Haman im Begriff den König mit einem Komplott in die Irre zu führen war. Erzürnt ließ der König Haman hinrichten, ernannte Mordechai zu seinem Nachfolger, hob den Völkermord-Erlass auf, und sprach dem jüdischen Volk das Recht zur Selbstverteidigung zu.
Der verhinderte Genozid ist Grund zu feiern, und das geschieht zu Purim auch. Jung und Alt erscheinen verkleidet zur Lesung der Megillat Esther, tilgen mit lauten Rasseln jede Nennung Hamans und essen die beliebten Haman-Taschen: Dreieckiges, mit Marmelade gefülltes Gebäck, inspiriert von den spitzen Ohren Hamans. Es ist auch Brauch Geschenkkörbe mit Lebensmitteln (Mischloach Manot) an Bekannte und Bedürftige zu versenden.
Hinter Purim verbirgt sich allerdings mehr als ein betrunkener Fasching. Durch die existenzielle Bedrohung wurde das jüdische Volk geeint, tat Buße und fand aus drohender Assimilation zu den Geboten der Torah zurück. Diese Buße samt Rückkehr zum Glauben (Lachzor BeTschuwa) wird als Anlass für die erfolgte g’ttliche Intervention und Verhinderung des schrecklichen Vorhabens Hamans betrachtet.
Fact: Derartige Ereignisse der Rettung am Tag von Purim setzen sich bis in die Gegenwart fort. So wurde etwa die „Lösung der Judenfrage“ wie sie Joseph Stalin beabsichtigte, 1953 zu Purim durch einen tödlichen Herzinfarkt verhindert, oder im Jahr 1991 durch die USA die Waffenruhe im Golfkrieg, welcher auch mit Raketenfeuer auf Israel einhergegangen war, verkündet.
JöH, MM