Aschermittwoch 2023
22. Februar
Ab in die Wüste?! Mit dem Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Das ist wie eine kleine Wüstenwanderung mitten im Alltag. Ohne Schokolade – aber mit mehr Zeit für das Wesentliche im Leben.
Zwei Burschen entdecken eine alte, verfallene Mauer. Sie rennen über die bröckelnden Steine einander nach. Plötzlich kommen sie an eine Stelle, an der die Mauer bis auf den Grund heruntergebrochen ist und sie nicht weiterkommen. Und da stürzt auch noch die Mauer hinter ihnen zusammen – sie sind gefangen. Sie beginnen um Hilfe zu rufen. Und tatsächlich werden sie von einem Mann gehört. Er kommt, stellt sich unten an die Mauer und ruft: „Springt, ich fange euch auf!“ Es ist riskant aus dieser Höhe zu springen. Deshalb bleibt der eine Bursche verängstigt sitzen. Der andere Bursche jedoch springt ohne zu zögern. Warum? Die Antwort ist einfach. Der eine Bursche springt, weil der Mann unten sein Vater ist, dem er vertraut. Der andere Bursche springt nicht, weil für ihn dieser Mann ein Fremder ist.
Diese Geschichte kann uns dabei helfen, zu verstehen, worum es in der Fastenzeit geht, die am Aschermittwoch beginnt. Beim Fasten versuchen wir 40 Tage lang auf Dinge zu verzichten, die zu viel Gewicht in unserem Leben haben: für den einen ist es Facebook oder Whats App, für einen anderen sind es Süßigkeiten oder Kaffee, für wieder andere schlechte Gewohnheiten. Jeder entscheidet selbst, worauf er dieses Jahr verzichten will. Aber es geht nicht ums Verzichten an sich. Durch den Verzicht wird man freier für die wirklich wichtigen Dinge im Leben, für die Beziehungen zu Mitmenschen, zu sich selbst und zu Gott. Man nimmt sich bewusster Zeit dafür und lässt diese Beziehungen wachsen.
Die Fastenzeit orientiert sich an vielen biblischen Vorbildern. Besonders wichtig sind für uns der 40 Jahre dauernde Weg des Volkes Israel mit Moses durch die Wüste und der 40-tägige Aufenthalt Jesu in der Wüste. Die Wüste ist dabei immer auch eine Zeit der Erprobung: vertraue ich Gott wirklich? Wird er für mich sorgen? In der Wüste kann man sich nicht mehr ablenken oder verstecken, sodass die großen Fragen hochkommen können. Immer wieder haben Menschen bewusst die Wüste aufgesucht, um sich dem zu stellen. Für Christinnen und Christen ist die Fastenzeit wie eine kleine Wüstenzeit mitten im Alltag.
Der Beginn der Fastenzeit ist am Aschermittwoch. Dieser Tag hat seinen Namen von dem Aschekreuz, das den Christinnen und Christen an diesem Tag in einem Gottesdienst auf die Stirn gezeichnet wird. Die Asche zeigt uns, dass wir vergängliche Menschen sind. Wir sollen bewusst als Menschen leben und uns von unseren Allmachtsphantasien abwenden. Der Aschermittwoch ist ein Startpunkt und ein Entschluss, diesen Weg in der Fastenzeit zu gehen, wieder mehr so Mensch zu sein, wie es dem Menschen als Abbild Gottes entspricht.
Das Ende der Fastenzeit ist der Ostersonntag. Insgesamt sind es eigentlich 46 Tage; da aber jeder Sonntag auch ein kleines Osterfest (Ostern) ist, an dem besonders der Auferstehung Jesu gedacht wird, zählen die Sonntage nicht zur Fastenzeit. Somit dauert die Fastenzeit genau 40 Tage. 40 Tage, in denen wir lernen können freier zu sein und Gott nicht als Fremden zu sehen, sondern ihm besonders in den entscheidenden Situationen wie unserem Vater zu vertrauen.
In der Orthodoxen Kirche beginnt die “große” Fastenzeit (groß, da sie die wichtigste und längste Fastenzeit ist) mit dem sogenannten “Sonntag der Vergebung”, an welchem man allen Menschen vergeben und auch die Anderen um Vergebung bitten sollte. Das Datum ist immer abhängig vom Ostertermin des jeweiligen Jahres. Insgesamt dauert die große Fastenzeit ca. sieben Wochen (inklusive der Karwoche, in welcher auch noch bis zum Karsamstag gefastet wird).
Interreligiöser Fact: Fastentage oder –zeiten gibt es auch im Judentum und Islam. Dabei gibt es aber jeweils verschiedene Akzente und damit auch verschiedene Arten zu fasten.
Bibelstellen: Exodus 16,1-17,7; Matthäus 4,1-11
KJÖ, ES / OJÖ, ND / EJÖ, PG